Schulstunde »wortreich«

Verbergänzungen/Kasus

Sowohl in der Grundschule als auch auf der weiterführenden Schule werden die Satzglieder häufig mithilfe der Frageprobe (Wer oder was? Wen? Wem? Was tut? etc.) ermittelt, obwohl dies aus sprachdidaktischer Sicht problematisch ist. Die Frageprobe verlangt von den Schüler*innen nicht nur ein gutes Sprachgefühl, sondern setzt voraus, dass sie den Kasus bereits kennen, damit sie überhaupt die richtige Frage stellen können. Außerdem lassen sich in vielen Fällen gar keine semantisch sinnvollen Fragen stellen, um die Satzglieder zu ermitteln. Vor allem die Unterscheidung zwischen Dativ und Akkusativ fällt den Schüler*innen oft schwer, da hier umgangssprachlich kaum unterschieden wird. Selbst wenn der Kasus mithilfe der Frageprobe ermittelt werden kann, wird die Funktion der Phrase hierdurch nicht deutlich. Stattdessen verleitet die Frageprobe dazu, Kasus und Satzglied gleichzusetzen. Als Alternative zur problembesetzten Frageprobe wird im Projekt „wortreich“ daher ein alternativer Zugang gewählt: Die Schüler*innen lernen, dass ein Satz immer aus einem Verb (= Leuchtturm) und Satzgliedern (= Schiffe) besteht und dass die Satzglieder oft aus mehreren Wörtern bestehen, was mit der Umstellprobe herausgefunden werden kann. Das Bild vom Leuchtturm und den Schiffen macht bereits den grundsätzlichen Gedanken hinter dem Ansatz deutlich: Die Satzglieder orientieren sich am Verb; das Verb ist bestimmend. Im erstellten Arbeitsmaterial werden dann zunächst Verben unterschieden, die ein Dativ- oder ein Akkusativobjekt fordern. Diese werden den Schüler*innen als „Mitspieler“ vorgestellt, die unterschiedlich verändert,
d. h. gebeugt werden. Wie die Mitspieler gebeugt werden, bestimmt das Verb (z. B. Tante Luise hilft dem Feuerwehrmann. --> Das Verb „hilft“ braucht ein Dativobjekt; Tante Luise trifft den Feuerwehrmann. --> Das Verb „trifft“ braucht ein Akkusativobjekt). Während sich die Schüler*innen hierbei zunächst nur mit den männlichen Formen beschäftigen, da der Unter­schied zwischen Dativ und Akkusativ hier deutlich markiert ist, werden anschließend auch die weiblichen und sächlichen Formen behandelt (z. B. Tante Luise hilft der Freundin/dem Haustier. Tante Luise trifft die Freundin/das Haustier.). Zum Schluss werden dann Orts- und Richtungsangaben thematisiert, die vom Dativ bzw. vom Akkusativ angegeben werden können (Die Kinder rennen auf dem Schulhof. vs. Die Kinder rennen auf den Schulhof.).